Es regt sich Widerstand aus Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft gegen eine künftige Öl-Lobby im Bundesrat
Mehrere Dutzend Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft haben den heute veröffentlichen Aufruf «NEIN zur Öl-Lobby im Bundesrat!» von umverkehR unterzeichnet. Darunter befinden sich die Klimaforscherinnen Sonia Seneviratne und Martine Rebetez, der Nobelpreisträger für Physik Jacques Dubochet, die Professorinnen Julia Steinberger und Irmi Seidl, der Philosoph Dominique Bourg, sowie die Filmemacherin Stina Werenfels und viele weitere Mitglieder von in Klimafragen engagierten Organisationen.
Die Unterzeichner*innen fordern die eidgenössischen Parlamentarier auf, die mögliche Wahl eines Öl- und Autolobbyisten im Bundesrat am 7. Dezember zu verhindern. Denn Albert Rösti, Präsident von SwissOil von 2015 bis Mai 2022 und seither Präsident von Auto-Schweiz, ist der Favorit der SVP für die Nachfolge von Ueli Maurer.
Um ihre Klimaverpflichtungen einzuhalten und ihre Energiesicherheit zu gewährleisten, muss die Schweiz den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und die Reduktion des motorisierten Verkehrs beschleunigen. Die SVP ist der verlängerte Arm der Öl- und Automobilindustrie und Albert Rösti ihr prominentestes Aushängeschild. Das erklärt die Politik der SVP, die keine Gelegenheit auslässt, eine vernünftige Klimapolitik zu sabotieren. Nachdem sie als einzige Partei das CO2-Gesetz vehement bekämpft hat, hat sie diesen Herbst das Referendum gegen das Klimaschutzgesetz (Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative) ergriffen. Darum stellt die Wahl ihrer Kandidaten in den Bundesrat eine weitere Bremse für die unerlässliche Energiewende dar. Das können wir uns angesichts der absolut entscheidenden Jahre im Kampf gegen die Klimakrise nicht erlauben.
Der Aufruf weist ausserdem auf die weltweite Strategie der Fossilindustrie hin, die Klimawissenschaft zu diskreditieren. Nachdem die Öl-Lobby jahrzehntelang die wissenschaftliche Realität des Klimas geleugnet hat, verfolgt sie unterdessen eine Strategie der Verzögerung und säht Zweifel. Die SVP baut ihre Klima- und Energiepolitik auf diesen Prinzipien auf. Dabei zielt sie primär darauf ab, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen so lange wie möglich zu verlängern, obwohl wir so schnell wie möglich daraus aussteigen müssen.
Darum würde die Wahl eines prominenten Vertreters der Öl- und Autolobby International ein sehr negatives Signal aussenden. «Wieder einmal waren es die großen Emittenten und die mächtige Öl- und Gaslobby, die den Weg versperrt haben», bedauerte Simonetta Sommaruga jüngst das Scheitern der COP27, weil an der Klimakonferenz 636 Lobbyisten der Fossilindustrie anwesend waren.
Es stellt sich die berechtigte Frage, ob Albert Rösti, sollte er als designierter Bundesrat zur COP28 reisen, als Lobbyist der Fossilindustrie oder als Vertreter der Schweizer Regierung gezählt wird.
Die jüngsten Äusserungen von Albert Rösti sind keinesfalls beruhigend. In einem Interview mit Tamedia erklärte er vor einigen Tagen, dass er "immer Mandate angenommen hat, die mit [seinen] politischen Ansichten in Verbindung standen", und dass er im Falle einer Wahl "seine politischen Werte nicht ändern" wolle und "weiterhin davon überzeugt ist, dass es falsch ist, auf eine Energieart verzichten zu wollen". Rösti benutzt die Rhetorik der "Verzögerung", die von der Fossilindustrie diktiert wird, um den Ausstieg aus den für das Klima verheerenden fossilen Energieträgern aufzuschieben.
Aus all diesen Gründen ist umverkehR der Meinung, dass der Aufruf «NEIN zur Öl-Lobby im Bundesrat!» von den Bundesparlamentariern gehört werden sollte, damit sie am 7. Dezember der SVP und deren Kronfavoriten Albert Rösti einen Strich durch die Rechnung machen!
Fotos
Fotos von einer Aktion am 7. November in Bern, auf denen Albert Rösti als Lobbyist vor dem Bundeshaus zu sehen ist: