Nach dem Nationalrat hat heute auch der Ständerat entschieden, den direkt betroffenen Gemeinden und Städte zu verbieten, mit der Einführung von Tempo 30 auf verkehrsorientierten Quartierstrassen die Bevölkerung vor schweren Unfällen und gesundheitsschädlichem Lärm zu schützen. umverkehR und Lärmliga verurteilen diesen Entscheid gegen die betroffene Bevölkerung und setzen sich weiterhin für Tempo 30 ein.
Gemeinde und Städte können aktuell auf sogenannt verkehrsorientierten Strassen innerorts Tempo 30 erlassen, um die Sicherheit zu erhöhen, den Verkehrsablauf zu verbessern sowie Lärm und Luftverschmutzung zu reduzieren. Mit der heute überwiesenen Motion von TCS-Verwaltungsrat Peter Schilliger wollen National- und Ständerat den Gemeinden und Städten diese Möglichkeit wegnehmen. Die Maximalgeschwindigkeit bei verkehrsorientiert klassierten Quartierstrassen dürfte somit auch dann nicht reduziert werden, wenn dadurch Unfälle und Lärmerkrankungen vermieden werden können. Die Bundesparlamente wollen damit die direkt betroffenen Gemeinde und Städte übersteuern, welche in den letzten Jahren vermehrt auf Tempo 30 zur Verbesserung der Sicherheit, Gesundheit und Lebensqualität gesetzt haben.
Tempo 30 bringt Sicherheit
Mehr als die Hälfte aller schweren Verletzungen im Strassenverkehr passieren in der Schweiz innerorts. Durch die Einführung von Tempo 30 können laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) ein Drittel der schweren Unfälle und damit jährlich 640 Schwerverletzte und 20 Getötete vermieden werden. Mit der Reduktion der Maximalgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h wird der Bremsweg beinahe halbiert. Dabei ist das Potenzial zur Verhinderung von Unfällen auf sogenannt verkehrsorientierten Strassen grösser als auf siedlungsorientierten Strassen.
«Ein minimaler Zeitverlust für durchfahrende Autofahrende kann kein Argument sein, wenn es darum geht, mit Tempo 30 die Sicherheit für Kinder, alte Menschen und andere Quartierbewohner*innen zu verbessern,» betont Tonja Zürcher, Leiterin Kommunikation umverkehR.
Damit übermässiger Lärm gar nicht erst entsteht
Mit Tempo 30 sinkt der Lärm deutlich wahrnehmbar und unangenehme Anfahrgeräusche und Lärmspitzen nehmen stark ab. Über eine Million Personen sind bei sich zuhause einer Lärmbelastung ausgesetzt, die über den Immissionsgrenzwerten der Lärmschutzverordnung liegt. Der Strassenverkehr verursacht 1,2 Milliarden Franken lärmbedingter Gesundheitskosten jährlich (Stand 2019). Tempo 30 ist eine äusserst wirksame, kostengünstige und schnell umsetzbare Massnahme für die notwendige Lärmreduktion. Bis Tempo 30 wirkt sich auch die zunehmende Elektrifizierung der Autos positiv auf eine Lärmreduktion aus. Bei schnelleren Geschwindigkeiten dominiert das Rollgeräusch, welches unabhängig von der Antriebsart ist.
Stéphanie Conrad, Geschäftsleiterin der Lärmliga, kommentiert den Ständeratsentscheid:
«Mit der massiven Schwächung des Lärmschutzes für Neubauten im Rahmen der USG-Revision nimmt die Notwendigkeit für Massnahmen an der Quelle stark zu. Es ist absurd und unverantwortlich, gleichzeitig diese Möglichkeiten einzuschränken und damit auch noch einen ausreichenden Lärmschutz bei den bestehenden Gebäuden zu verunmöglichen.»