In einer zweiten Runde des Projekts «GEHsund – Städtevergleich Fussverkehr» wurde die Fussgängerfreundlichkeit in 15 Kleinstädten und Agglomerationsgemeinden genau untersucht. Die Resultate zeigen deutlichen Handlungsbedarf. umverkehR, Fussverkehr Schweiz und die Ostschweizer Fachhochschule empfehlen gezielte Massnahmen wie barrierefreie Haltestellen, mehr Veloabstellplätze abseits des Trottoirs, Zebrastreifen auch in Tempo 30-Zonen und Massnahmen für sichere Schulwege, um die Situation im Fussverkehr weiter zu verbessern.
Das Projekt «GEHsund – Städtevergleich Fussverkehr» hat in der zweiten Phase die Fussgängersituation in Adliswil, Allschwil, Bülach, Dübendorf, Emmen, Frauenfeld, Horgen, Meyrin, Nyon, Lyss Olten, Renens, Sion, Thun und Uster detailliert untersucht. Die Fussgängerfreundlichkeit wurde mit drei verschiedenen Teilprojekten erhoben:
- Mit einer Begehung wurde die Situation vor Ort beurteilt (Fussverkehrstest).
- Eine Bevölkerungsbefragung ermittelte die Zufriedenheit (Umfrage).
- Bewertet wurden zudem die Aktivitäten der öffentlichen Hand zur Förderung des Fussverkehrs (Planungspraxis).
In jedem Teilprojekt wurde der Grad der erreichten Anforderungen in Prozentwerten ausgedrückt. Die Anforderungen stützen sich auf geltende Normen sowie auf vorbildliche Methoden, Praktiken oder Vorgehensweisen.
Adliswil, Horgen und Meyrin erhalten «goldene Schuhbürsten»
Adliswil schneidet bei der Bewertung der Infrastruktur am besten ab, Horgen bei der Planungspraxis und Meyrin bei der Zufriedenheit. Diese drei Gemeinden erhalten je eine «goldene Schuhbürste». Diese symbolisiert, dass die Gemeinde zwar gut abgeschnitten hat, aber weiter an der Fussgängerfreundlichkeit polieren muss, um zu brillieren.
Prioritäre Verbesserungen
Aus den Resultaten können konkrete Handlungsempfehlungen für die Verbesserung der Fussgängerfreundlichkeit in den Schweizer Gemeinden abgeleitet werden:
- Getrennte Infrastruktur für den Fuss- und den Veloverkehr
Konflikte zwischen Zufussgehenden und Velofahrenden fallen in allen Teilprojekten auf. Der Konflikt entsteht dabei sowohl mit fahrenden wie auch mit parkierten Velos. Veloabstellplätze und sichere Veloverbindungen sind ausserhalb der Fussverkehrsflächen zu platzieren. - Verbesserung der Schulwege
Die sichere und attraktive Schulweggestaltung wird von der Bevölkerung überwiegend als ungenügend beurteilt. Ein Handlungsbedarf besteht sowohl, was die Sicherheit, als auch was die Gestaltung der Schulwege angeht. - Barrierefreie Gestaltung forcieren
Der grösste Handlungsbedarf der Fussverkehrsinfrastruktur liegt bei den Haltestellen. Die Verbesserung der Platzverhältnisse und die barrierefreie Gestaltung sind dabei zentrale Themen, zumal gemäss Behindertengleichstellungsgesetz bis Ende 2023 alle Haltestellen dessen Anforderungen erfüllen müssten. - Mehr Aufenthaltsqualität für den Fussverkehr
Auch bei beschränkten Platzverhältnissen müssen ausreichend Flächen mit guter Qualität zur Verfügung gestellt werden können. - Dem Fussverkehr den Vortritt einräumen
Die Bevölkerungsumfrage zeigt grosse Unzufriedenheit bei Verkehrslösungen ohne Fussgängervortritt. Der Mangel an Fussgängerstreifen muss behoben werden; auch in Tempo-30-Zonen ist das Bedürfnis hierfür vorhanden. - Kommunikation und Controlling verbessern
Ein ausreichender Stellenumfang und definierte Zuständigkeiten für den Fussverkehr sind Kernempfehlungen für jede Gemeinde. Sie wären auch wichtig zur Kommunikation der Fussverkehrsthemen und würde die Bedürfnisse der Zufussgehenden in Projekten besser gewährleisten.
Die Analysen zeigen die spezifischen Bedürfnisse von Zufussgehenden auf, welche in den Gemeinden oft vergessen gehen. Es lohnt sich, für alle Gemeinden mit mehr als 10'000 Einwohner*innen, eine kontinuierliche Erhebung der Fussgängerfreundlichkeit durchzuführen. Die dazu nötigen Werkzeuge wurden erarbeitet und werden zur Verfügung gestellt. umverkehR, Fussverkehr Schweiz und die Fachhochschule Ostschweiz empfehlen den Gemeinden die Umsetzung der beschriebenen Massnahmen sowie ein kontinuierliches Monitoring und fordern die kantonalen Fachstellen auf, bei der Erhebung im Sinne eines Controllings eine federführende Rolle zu übernehmen.
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.umverkehr.ch/fussverkehr
www.fussgaengerstaedte.ch
Details zu den prämierten Gemeinden
Meyrin hat die zufriedensten Fussgänger*innen aller untersuchten Gemeinden. In den letzten Jahren wurden dort deutliche Verbesserungen wahrgenommen. Die Ausstattung von Plätzen und Parks wird als nahezu vorbildlich wahrgenommen. Auch bei der Ausstattung der Bus- und Tramhaltestellen wird Meyrin von der Bevölkerung gut bewertet.
Adliswil erzielt bei der Bewertung der Fussverkehrsinfrastruktur (Teilprojekt Fussverkehrstest) gute Werte. Oft fallen die Platzverhältnisse und der ebene, gut begehbare Belag positiv auf. Bei den Haltestellen ist der Vorsprung im Vergleich mit den übrigen Gemeinden deutlich. Vielerorts sind barrierefreie Zugänge und erfassbare Wegführungen für Sehbehinderte vorhanden. Aber auch Adliswil muss in diesem Punkt noch nachbessern. Die Stadt Adliswil hat im Bereich «Planungspraxis» die gleiche Punktzahl wie Horgen und damit ebenfalls den Bestwert erreicht.
Horgen überzeugt im ganzen Teilprojekt Planungspraxis. Besonders hervorzuheben ist der Bereich Controlling. Dank einer Spezialanalyse des Mikrozensus verfügt Horgen über eine gute Datengrundlage im Fussverkehr. Zudem werden im Rahmen von Projektevaluationen auch Zählungen des Fussverkehrs durchgeführt.
Unterstützt wurde das Projekt von: