Die klare Ablehnung des Autobahnausbaus durch die Bevölkerung ist der Auftakt für eine neue Verkehrspolitik. Die Verkehrswende kommt, auch wenn sich die Autolobby verzweifelt dagegen wehrt.
Das Nein zum Autobahnausbau ist ein klares Signal der Bevölkerung an die Politik: Es reicht! Wir haben genug von immer mehr Autobahnen, immer mehr Autoverkehr, Lärm und Gefahren in unseren Quartieren. Die Abstimmung muss zum «Peak Autobahn» in der Schweiz werden, also zum Höhepunkt (Gipfel) des Autobahnausbaus. Ab jetzt darf es höchstens noch darum gehen, die bestehenden Autobahnen zu erhalten. Das alleine ist schon teuer genug. Jährlich werden mehr als eine Milliarde Franken ausgegeben, um das sehr dichte Autobahnnetz in der Schweiz zu unterhalten. Hinzu kommen die zunehmenden Kosten für den Wiederaufbau nach Überschwemmungen und Erdrutschen wie im letzten Jahr.
Velotunnel statt Autobahn
Die Ausgangslage ist klar: Um die Klimaziele zu erreichen, muss der Autoverkehr reduziert werden. Und zwar nicht nur in den Städten, in denen wir bereits auf gutem Weg sind. Schweizweit braucht es weniger (Hochleistungs-)Strassen. Erste zaghafte Schritte in diese Richtung wurden bereits unternommen. Die 60 Jahre alte Idee, die A1 und die A3 mit dem Autobahn- «Ypsilon» mitten in der Stadt Zürich zu verbinden, wurde vor Kurzem definitiv begraben. Der bereits dafür gebaute Autobahntunnel unter dem Zürcher HB wird zu einem Velotunnel umgebaut. Am 22. Mai 2025 wird er eröffnet.
Aber ein Selbstläufer ist «Peak Autobahn» nicht. Bundesrat Rösti hat klargemacht, dass er nicht gewillt ist, den Volksentscheid vom 24. November umzusetzen. Die Autobahnen sollen gegen den Willen der Bevölkerung weiter ausgebaut werden. Um den Widerstand zu brechen, überlegt er sich sogar, die Finanzierung von ÖVProjekten an die gleichzeitige Annahme von Autobahnausbauten zu knüpfen. Ganz im Stil von: Wollt ihr ein Tram? Wollt ihr eine S-Bahn? Dann bekommt ihr eine Autobahn!
Autolobby vs. «Peak Car»
Albert Rösti, der Autolobbyist im Bundesrat, verfolgt eine ähnliche Strategie wie die deutsche FDP mit ihrem Pro-Auto-Programm, die mehr Platz für Autos und kostenloses Parkieren in den Innenstädten, weniger Fussgänger*innenzonen und weniger Velowege fordert. Aber auch wenn die Autolobby über enorme Gelder verfügt und ihr Widerstand gegen die Verkehrswende stark ist, der «Peak Car» wird kommen. Damit wird der Moment bezeichnet, in dem die Strecke, die pro Person mit dem Auto zurückgelegt wird, ihren Höhepunkt erreicht hat und sich reduzieren wird. Das ist nicht nur für die Erreichung der Klimaziele wichtig, sondern auch für die Lebensqualität in Städten und Gemeinden.
In Deutschland – dem europäischen Vorzeigeland von Autofans – ging der Auto- und Lastwagenverkehr letztes Jahr bereits zurück. In der Schweiz nimmt zwar die Anzahl Autos weiter zu. Die mit dem Auto zurückgelegten Kilometer wurden jedoch zwischen 2015 und 2021 ebenfalls weniger. Diese Abnahme ist wegen der Corona-Pandemie nur bedingt aussagekräftig, aber es gibt einen weiteren positiven Trend: Der Anteil der autofreien Haushalte steigt langsam, aber stetig. Deshalb heisst es: Dranbleiben! Damit wir nach dem Nein zum Autobahnausbau auch bald «Peak Car» feiern können.

Der Autoverkehr hat im Vergleich zu vor der Corona-Pandemie abgenommen.