Der Bundesrat will sparen – rund 5 Milliarden. Kinderbetreuung, Gesundheit, Bildung, Klimaschutz und sogar die geplanten Nachtzüge nach Rom und Barcelona sind betroffen. Aber die mindestens 5,3 Milliarden Franken für den Autobahnausbau werden nicht infrage gestellt.
Der geplante Autobahnausbau ist Irrsinn. Detailabklärungen in Basel, Nyon und St. Gallen zeigen, dass die Ausbaukosten bereits ein Jahr nach dem Parlamentsentscheid rund 500 Millionen höher liegen. Auch deutet einiges darauf hin, dass die Kosten-Nutzen-Analysen der Projekte nach aktuellem wissenschaftlichem Stand ins Negative kippen. Und dabei ist das erst der Anfang. Während uns noch der Schock über die Unwetter von Misox, Maggiatal und Brienz in den Knochen steckt, soll der klimaschädliche Autoverkehr mit weiteren 35 Milliarden Franken für Autobahnen gefördert werden. Dabei warnen Klimaforscher*innen schon lange vor häufigeren und stärkeren Unwettern. Das darf doch einfach nicht wahr sein.
Doppelstöckige Autobahnen und acht Spuren?
Aber es wird noch schlimmer. Diese Projekte sind eine regelrechte Katastrophe. In Schaffhausen soll beispielsweise in einem Wohnquartier eine doppelstöckige Autobahn entstehen – auf Stadtgebiet. In St. Gallen sollen Häuser abgerissen werden, um die Autos ungebremst in das Stadtzentrum zu spülen. Man fühlt sich regelrecht in die Verkehrsplanung der 1960er-Jahre zurückversetzt, als die Doktrin der autogerechten Stadt verfolgt wurde. Ein Novum für die Schweiz wäre auch die Erweiterung auf sage und schreibe acht Spuren – direkt vor den Toren der Stadt Bern.
Mehr Autos in Städten und Quartieren?
Die Städte und die Agglomerationen haben unterdessen gemerkt, dass der Autoverkehr die Bevölkerung mit Lärm und Abgasen belastet und eine Gefahr für Kinder, Velofahrer*innen und Fussgänger*innen bedeutet. Sie setzen auf den Ausbau des ÖV, bauen die Veloinfrastruktur aus und schaffen verkehrsberuhigte Quartiere. So ist es auch wenig überraschend, dass sich Städte wie Basel, Bern, St. Gallen, Genf, Schaffhausen und Vernier gegen den Autobahnausbau in der geplanten Form wehren. Sie rechnen mit Mehrverkehr durch den Kapazitätsausbau. Den bestätigt selbst das Bundesamt für Strassen: In Schaffhausen werden künftig 25 Prozent mehr Autos die Quartierstrassen belasten. Und in der Romandie werden bereits zehn Jahre nach der Erweiterung zusätzliche 50 000 Autos im Stau stehen. In Basel sind es 35 000 zusätzliche Fahrzeuge.
Der Autobahnausbau hätte nach Annahme des Klimaschutzgesetzes gestoppt werden müssen!
Dieser Mehrverkehr steht im Widerspruch zu unseren Klimazielen. Denn der Autoverkehr ist in der Schweiz für den höchsten Anteil der CO2- Emissionen verantwortlich. Der Bundesrat gibt selbst unumwunden zu: «Die Umsetzung des Ausbauschrittes 2023 führt zu einer Erhöhung der Fahrleistungen und damit zu höheren Emissionen von Luftschadstoffen und Klimagasen.» Spätestens nach der deutlichen Annahme des Klimaschutzgesetzes am 18. Juni 2023 hätte dieses Geschäft nur schon deshalb gestoppt werden müssen.
Klimawende heisst auch Verkehrswende
Damit ist aber noch nicht genug. Die Preise des ÖV haben sich gemäss Preisüberwacher Stefan Meierhans in den letzten dreissig Jahren verdoppelt, während diejenigen fürs Autofahren kaufkraftbereinigt sogar gesunken sind. Diese Fehlentwicklungen müssen wir stoppen. Und darum ist die Ablehnung des Autobahnausbaus am 24. November so zentral. Es ist eine richtungsweisende Abstimmung für die Schweizer Verkehrspolitik. Und sie wird mitentscheiden, ob wir die Klimaziele erreichen – denn für eine Klimawende brauchen wir auch eine Verkehrswende.