Die mindestens zehn Jahre dauernde Grossbaustelle für den Rheintunnel droht zur Belastungsprobe für Anwohner*innen in Basel und Birsfelden, Natur und Klima zu werden. Wer hofft, danach werde es besser, wird enttäuscht.
Für den Bau des Rheintunnels wird die neben zwei Schulhäusern gelegene Dreirosenmatte, die einzige Grünfläche im Kleinbasler Matthäusquartier, für ein Jahrzehnt zur Baustelle und dauerhaft um einen Drittel verkleinert. In Birsfelden werden riesige Installationsflächen für die Tunnelbohrmaschine entstehen – direkt neben einem Alterszentrum und einem Wohnquartier.
Autobahn gegen Klima
Leeres Versprechen Lärmschutz
Die bestehende Osttangente durch Basel ist eine grosse Belastung für die Bevölkerung im Gellert, in der Breite und im Kleinbasel. Das Astra verspricht mit dem Rheintunnel Besserung, doch diese wird frühestens 2040 kommen und ist nur von kurzer Dauer. Die Lärmreduktion wird durch den Mehrverkehr wieder aufgehoben. Mehr Verkehr gibt es auch im Gellertquartier und auf verschiedenen Strassen im Kleinbasel. Entlastet wird durch den Rheintunnel primär die deutsche A98. Sofort wirksam gegen den Lärm wäre die von den Anwohnenden geforderte Signalisation von Tempo 60 auf der Osttangente. Dafür braucht es keinen Rheintunnel, sondern bloss die Zustimmung des Astra.
Grundwasser, Wald und Familiengärten in Gefahr
Mehr als 150 Familiengärten in Birsfelden, Muttenz und Basel würden für den Rheintunnel ersatzlos verschwinden. Im Naherholungsgebiet Hardwald müssten auf 1,6 Hektar alle Bäume gefällt und schützenswerte Naturlebensräume zerstört werden. Der Rheintunnel bedroht nicht zuletzt die für die regionale Trinkwasserversorgung entscheidende Grundwasseranreicherung im Hardwald. «Der im Planungsgenehmigungsverfahren skizzierte Umfang [des Rheintunnels] tangiert die sensiblen Gebiete unserer Grundwasserschutzzonen 1 und 2 in bedeutendem Masse», schreibt das regionale Trinkwasserwerk Hardwasser AG in seinem Jahresbericht.
Es ist an der Zeit, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und nachhaltige Alternativen zu fördern. Mit den 2,6 Milliarden Franken, die der Rheintunnel kosten würde, könnten beispielsweise 26 Tramlinien gebaut werden. Das ist mehr als genug, um Pendler*innen aus Frankreich, Deutschland und den umliegenden Kantonen klimafreundlich und staufrei zu ihrem Arbeitsplatz zu bringen.
Kein Rheintunnel ohne oberirdische Stadtreparatur
In der heutigen Form, ohne verbindliche Massnahmen, die den oberirdischen Verkehr effektiv und dauerhaft reduzieren, bringt der Tunnel unseren Quartieren in Basel-Ost nichts. Deshalb stimme ich am 24. November Nein.
«Noch heute sind wir froh und auch ein bisschen stolz darauf, dass wir mit unserer 2011 mit mehr als 11 000 Unterschriften eingereichten Petition den oberirdischen Ausbau der Osttangente verhindern konnten. Mit der Energie der Direktbetroffenen schafften wir das scheinbar Unmögliche: Ein grosses, mächtiges Bundesamt muss wegen einer Gruppe Freiwilliger seine gigantischen Pläne sistieren.
Der nun geplante Rheintunnel ist für die Quartiere entlang der Osttangente klar besser als eine Verbreiterung der bestehenden Stadtautobahn. Allerdings schafft der Tunnel eine Kapazitätssteigerung von heute vier auf künftig acht durchgehende Spuren, was wieder mehr Verkehr generiert, auch in unseren Quartieren. Deshalb wäre es für uns zwingend, mit der Eröffnung des Tunnels auch die oberirdische Osttangente umzunutzen und die Chance zur Stadtreparatur zu nutzen.
Das Bundesamt für Strassen lehnt eine derartige Umnutzung dezidiert ab. Vom Basler Regierungsrat und der Baudirektorin haben wir bis heute bloss vage Lippenbekenntnisse erhalten. Für mich ist deshalb klar: In der heutigen Form, ohne verbindliche Massnahmen, die den oberirdischen Verkehr effektiv und dauerhaft reduzieren, bringt der Tunnel unseren Quartieren in Basel-Ost nichts. Deshalb stimme ich am 24. November Nein.
Seit der Eröffnung der Osttangente vor 50 Jahren kämpfen unsere Quartiere für mehr Lärmschutz. Wirksam und nahezu gratis wären Temporeduktionen. Aber diese lehnt das Bundesamt für Strassen kategorisch ab. Das Bundesamt für Umwelt hingegen unterstützt insbesondere Tempo 60 während der Nachtstunden. Einen 2019 begonnenen Rechtsstreit haben wir vor zwei Jahren ans Bundesverwaltungsgericht weitergezogen. Die lange Bearbeitungszeit stimmt uns zuversichtlich, dass wir Recht erhalten werden und die frühmorgendliche Lawine der täglich um 5 Uhr morgens an der Grenze startenden Lastwagen bald etwas weniger laut durch unsere Quartiere donnert.».
Veronika Röthlisberger, Ausschuss IG Osttangente – Ausbau Nein, Lärmschutz jetzt!