Michael Liebi ist Verkehrsplaner und arbeitet unter anderem als Mobilitätsexperte bei der Fachstelle Fuss- und Veloverkehr der Stadt Bern. Im Buch «Velowende – Für eine lebendige Stadt» plädiert er zusammen mit ausgewiesenen Expert*innen für eine Velowende in unseren Städten.
Hallo Michael! Vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast. Du hast gemeinsam mit anderen das Buch «Velowende – Für eine lebendige Stadt» geschrieben. Was war der Anstoss dafür?
Was erwartet die Leser*innen eures Buches?
Michael Liebi: Mit unserem Buch möchten wir einen Prozess anstossen, der dazu führt, dass unsere Städte velofreundlicher werden. Dabei war es uns wichtig, für eine vielfältige Gruppe von Menschen zu planen, da Velos von vielen verschiedenen Menschen genutzt werden, von Kindern über Erwachsene bis hin zu älteren Menschen, von schnellen und langsamen Fahrer*innen. Obwohl das Buch «Velowende» heisst, geht es nicht nur ums Velo, sondern um eine Verkehrswende im Allgemeinen. Allerdings ist das Velo ein besonders gutes Mittel zum Zweck, es ist nicht einfach nur ein Fahrzeug, der Faktor Mensch spielt eben eine wichtige Rolle.
Wir haben uns auch Beispiele aus anderen Ländern angesehen, wobei die Niederlande aus unserer Sicht eine herausragende Rolle einnehmen. Die Verkehrswende zugunsten des Velos und der Lebensqualität in den Städten ist dort viel weiter fortgeschritten. Wir haben herausgearbeitet, dass es wichtig ist, die Städte nicht als einzigartig zu betrachten, sondern voneinander zu lernen und das Zusammenspiel der Akteur*innen zu berücksichtigen. Verbände, Politik, Verwaltung und interessierte Menschen müssen miteinander kommunizieren. Ein weiterer Teil des Buches widmet sich dem «Myth-Busting», bei dem Argumente gegen eine Velowende entkräftet werden. Schliesslich geben wir viele Tipps zur Umsetzung, um diese Velowende zu erreichen.
Wie läuft es in Bern mit der Umsetzung der Velo-Offensive?
Michael Liebi: Mit der Velo-Offensive haben wir einen guten Prozess angestossen, und ich würde sagen, wir sind auf halbem Weg, denn es gibt noch viel zu tun. In den letzten zehn Jahren hat sich viel getan, wir konnten den Anteil des Veloverkehrs beinahe verdoppeln.
Werden die Ziele erreicht?
Michael Liebi: Mir ist es letztlich nicht so wichtig, was die Zahlen sagen. Ob es nun 19 oder 20 Prozent sind, die den Anteil an Velofahrenden in Bern ausmachen, ist nicht so relevant. Wichtiger sind uns die Rückmeldungen der Velofahrer*innen. Allerdings merke ich, wie sich das Mindset in der Stadt Bern verändert hat. Ich sehe viel mehr Velos auf den Strassen als noch vor sechs Jahren, als ich bei der Fachstelle für Fuss- und Veloverkehr angefangen habe. Und man ist allgemein eher bereit, daran zu glauben, dass auch Bern eine Velostadt werden kann.
Welche Veränderungen wünschst du dir noch?
Michael Liebi: Dass endlich der Kreisel beim Burgernziel, wo ich wohne, velofreundlich umgebaut wird! Und wenn ich mir vorstelle, dass wir mit den heutigen Massnahmen bereits bei einem Anteil von gut 20 Prozent Velofahrenden sind, scheint mir, dass noch enorm viel Potenzial vorhanden sein muss, und das stimmt mich positiv.
Vielen Dank, Michael, für dieses aufschlussreiche Gespräch und alles Gute für eure weitere Arbeit!
Michael Liebi: Danke, dass ich hier sein durfte