Die Wortschöpfung «umverkehR» macht auf einen Blick klar: Der Verkehr soll verändert werden. Das Wort «Stehzeug» (Hermann Knoflacher) deckt auf, dass Fahrzeuge die meiste Zeit stehen. Dass sie dabei teuren öffentlichen Raum beanspruchen, wird deutlich, wenn man Parkplätze «Auto-Lagerplätze» nennt, wie der Verkehrsforscher Dirk Schneidemesser vorschlägt. Die Beispiele zeigen, dass Wörter auch Sichtweisen und damit Haltungen und Interessen mit sich führen.
Das Forschungsprojekt «Sprachkompass Mobilität» der Uni Bern vertieft Fragen dieser Art (www.sprachkompass.ch). Es untersucht, welche Ausdrucksformen umweltbelastende Mobilität fördern können und welche neue Wege aufzeigen. Eine Rolle spielen dabei Metaphern, die hintergründig unser Denken anleiten. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum wir einen Satz wie «Der Verkehr sickert in die Wohnquartiere ein» verstehen? Es ist, weil wir Verkehr als Flüssigkeit sehen.
Der Fluss ist eine Metapher für den Verkehr. Dies beeinflusst unser Denken über den Verkehr: Wenn Verkehr ein Fluss ist, dann ist er eine Naturkraft, die nicht zu hinterfragen ist. Dass er von uns verursacht ist, wird unsichtbar. Flüsse folgen der Schwerkraft – nicht aber der Verkehrsfluss! Die Metapher verdeckt, dass Verkehr Treibstoffe verschlingt und Abgase erzeugt. Wenn Verkehr ein Fluss ist, trägt er AutomobilistInnen als anonyme Tropfen mit. Deren Verantwortung wird unsichtbar. Gravierende Folgen hat die Flussmetapher für die Verkehrspolitik. Sie legt nahe, Flaschenhälse zu erweitern, Abflüsse und eine zweite Gotthardröhre zu bauen, um Staus zu vermeiden und den Verkehr am Fliessen zu halten.
Was liesse sich dieser Verführungskraft der Sprache entgegenhalten?
Andere Metaphern vielleicht? Die Maschinenmetapher würde betonen, dass Verkehr ein Menschenwerk und keine Naturkraft ist. Der Verkehr staut sich dann nicht, sondern er klemmt, er rauscht nicht, sondern dröhnt, fliesst nicht, sondern läuft etc. Wenn die Maschine Schaden anrichtet, kann man sie drosseln, umbauen – ja sogar ausser Betrieb nehmen. Wäre dies also eine Alternative?